Pressemitteilung der BAG der Fanprojekte

Pran­ger gehö­ren ins Mit­tel­al­ter Jena/Mainz 22.06.2011

Fan­pro­jek­te besorgt über Äuße­run­gen aus Innenministerien

Mit eben­sol­cher Ver­wun­de­rung wie Besorg­nis haben die in der Bun­des­ar­beits­ge­mein­schaft der Fan­pro­jek­te (BAG) orga­ni­sier­ten sozi­al­päd­ago­gi­schen Fan­pro­jek­te jüngs­te Äuße­run­gen aus den Innen­mi­nis­te­ri­en ein­zel­ner Bun­des­län­der bzw. vom Vor­sit­zen­den der Innen­mi­nis­ter­kon­fe­renz zur Kennt­nis genom­men. So plä­dier­te der säch­si­sche Innen­mi­nis­ter Ulb­ig in Inter­views dafür, Fuß­ball­fans mit Sta­di­on­ver­bot mit Name und Foto, qua­si an einer Art „Pran­ger“, am Sta­di­on­ein­gang aus­zu­hän­gen. Dar­über hin­aus droh­te er für den Fall eines vom Jugend­hil­fe­aus­schuss beschlos­se­nen Trä­ger­wech­sels bei einem ört­li­chen Fan­pro­jekt mit der Ein­stel­lung der För­de­rung durch den Frei­staat. Hes­sens Innen­mi­nis­ter Rhein for­dert eine Rück­kehr zum gene­rel­len Alko­hol­ver­bot in Fuß­ball­sta­di­en und will die­ses auch auf sämt­li­che An- und Abrei­se­we­ge aus­deh­nen. Zudem unter­stellt er der Ultra-Bewe­gung pau­schal Männ­lich­keits­kult, aus­ge­präg­te Homo­pho­bie und Gewalt­ver­herr­li­chung. Die Bun­des­ar­beits­ge­mein­schaft der Fan­pro­jek­te weist der­ar­ti­ge Äuße­run­gen oder For­de­run­gen als plum­pen Popu­lis­mus zurück. Pran­ger gehö­ren ins Mit­tel­al­ter. Fer­ner kön­nen wir seit der Locke­rung des Alko­hol­ver­bo­tes, die auch aktu­ell ledig­lich auf Aus­nah­me­ge­neh­mi­gun­gen auf loka­ler Ebe­ne beruht, in den Sta­di­en ab Ende der 90er Jah­re nicht nur kei­nen signi­fi­kan­ten Anstieg von Gewalt fest­stel­len, son­dern es exis­tiert auch kein wis­sen­schaft­li­cher Nach­weis über kau­sa­le Zusam­men­hän­ge zwi­schen Alko­hol­ge­nuss und Gewalt­tä­tig­keit, ganz abge­se­hen von einer Durch­setz­bar­keit von Ver­bo­ten auf den Rei­se­we­gen. In der aktu­ell die Fan­kur­ven prä­gen­den Ultra-Bewe­gung spielt Alko­hol – vor allem auch im Ver­gleich zu vor­an­ge­gan­ge­nen Genera­tio­nen – ohne­hin eine eher unter­ge­ord­ne­te Rol­le. Die Stig­ma­ti­sie­rung die­ser gesam­ten Bewe­gung durch eini­ge weni­ge, für uns zudem nicht nach­voll­zieh­ba­re, Schlag­wor­te ruft unse­re Empö­rung her­vor. Mit der­art fahr­läs­si­gen popu­lis­ti­schen und pau­scha­li­sie­ren­den Aus­sa­gen gefähr­den die Innen­mi­nis­ter die vie­len Ver­su­che ihrer unter­stell­ten Poli­zei­en, in einen ernst­ge­mein­ten Dia­log mit den Fans zu tre­ten. Sie sind dazu geeig­net, Grä­ben zu ver­tie­fen als Brü­cken des Dia­logs zu bau­en. Fans, die der­art undif­fe­ren­ziert dar­ge­stellt wer­den, sehen sich viel­mehr in ihren Vor­ur­tei­len Poli­tik und Poli­zei gegen­über bestätigt.
Die BAG ver­wahrt sich zudem ent­schie­den gegen Bestre­bun­gen, diri­gis­tisch per För­der­mit­tel­ent­schei­dung in die inhalt­li­che Arbeit von ört­li­chen Fan­pro­jek­ten ein­zu­grei­fen. Fan­pro­jek­te sind Ein­rich­tun­gen der Jugend­hil­fe und kein ver­län­ger­ter Arm von Innen­mi­nis­te­ri­um oder Poli­zei, und ihre Unab­hän­gig­keit ist eben­so zu respek­tie­ren wie sou­ve­rä­ne Ent­schei­dun­gen der legi­ti­men loka­len Fachgremien.

Wir for­dern die Innen­mi­nis­ter auf, den posi­ti­ven Geist des gemein­sa­men Kon­gres­ses „Feind­bil­der ins Abseits“ vom Jah­res­an­fang wie­der auf­zu­neh­men. Die Fan­pro­jek­te unter­brei­ten der Innen­mi­nis­ter­kon­fe­renz ein Gesprächs­an­ge­bot, um schein­ba­re Infor­ma­ti­ons­de­fi­zi­te aus­glei­chen zu helfen.

i.A. Mat­thi­as Stein

BAG Spre­cher

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