Hinter Euren Zäunen

Ein dokumentarisches Spektakel mit HSV-Fans im Thalia-Theater in der Gaußstraße 190  (HH-Altona)

Der Fan an sich ist Tra­di­tio­na­list. Das Herz gehört dem Fuß­ball­ver­ein, auch wenn die teu­er ein­ge­kauf­ten Spie­ler längst kei­ne Iden­ti­fi­ka­ti­ons­trä­ger mehr sind und das Spiel zuneh­mend zum Event wird.

Es geht dar­um, akti­ve Fans aus den Sta­di­en zu drän­gen, um eine mög­lichst kli­nisch sau­be­re WM zu bekom­men“, wird Phil­ipp Mark­hardt, einer der Mit­wir­ken­den des Pro­jekts in einem Bericht über Fan­kul­tur in der Frank­fur­ter Sonn­tags­zei­tung (12.6.05) zitiert. Die Sicher­heits­de­bat­ten im Hin­blick auf die WM 2006 wer­den eben­so The­ma sein, wie die Kom­mer­zia­li­sie­rung des Fuß­balls. Um Fan­tum, um jugend­li­che Selbst­er­mäch­ti­gung geht es in dem Pro­jekt, das der Regis­seur Mar­tin Krei­dt gemein­sam mit Leu­ten aus der HSV-Fan­sze­ne über einen Zeit­raum von meh­re­ren Mona­ten erar­bei­tet hat. Aus ihrem gro­ßen Fun­dus an Erleb­nis­sen, Geschich­ten und Zita­ten wur­den der Text und die Spiel­sze­nen entwickelt.
Ein ech­ter Fan ist ein ‚Alles­fah­rer’ und anhand einer Aus­wärts­fahrt wird aus dem Fan-Leben berich­tet: Ankunft in frem­den Städ­ten, Bericht­erstat­tung vom Aus­tra­gungs­ort, Spiel­fie­ber und Kame­rad­schaft, Riva­li­tät, Poli­zei und Gewalt. Zwei Mode­ra­to­ren, Ste­phan Schad und Jan Schüt­te füh­ren durch einen Abend mit Über­ra­schungs­gäs­ten, Inter­views und Film­ein­spie­lun­gen, rund um die schöns­te Neben­sa­che der Welt.

Eine Pro­duk­ti­on des Tha­lia-Thea­ters Ham­burg in Koope­ra­ti­on mit dem HSV-Fan­pro­jekt, mit Unter­stüt­zung des Ham­bur­ger SV, sei­nen Fans und mit Unter­stüt­zung des Tro­cken­dock Ham­burg e.V..

Stück­ent­wick­lung Mar­tin Kreidt/Christoph Twi­ckel  Text Chris­toph Twickel
Es spie­len Jan Schüt­te und Ste­phan Schad (Mode­ra­ti­on) und die Fans Jörn von Ahn, Mor­ten Arm­brecht, Chris­ti­an Bie­ber­stein, Phil­ipp Eggers, Paul Franz, Chris­tin Maack, Phil­ip Mark­hardt, Mar­co Mey­er, Hen­ning Pültz, Anna Tobel, Nata­scha Zinnert

hintereurenzäunen

Mit Über­ra­schungs­gäs­ten und wei­te­ren Fans des HSV-Fanprojekts
Musik: Abschlach!

Regie Mar­tin Kreidt
Büh­ne Ina Reu­ter
Kos­tü­me Susan­ne Hofmann
Video Andre­as Eich­horst , Chris­toph Twickel
Ensem­ble Jan Schüt­te, Ste­phan Schad
Dra­ma­tur­gie Chris­ti­ne Ratka

Pres­se­aus­zü­ge:

Von der Fankurve auf die Bühne

Hin­ter euren Zäu­nen“: Bein­har­te HSV-Anhän­ger spie­len sich im Thea­ter FK (taz Ham­burg)
Ein „doku­men­ta­ri­sches Spek­ta­kel“,  so nen­nen die Thea­ter­ma­cher Mar­tin Krei­dt (Regie) und Chris­toph Twi­ckel (Text) ihr Stück „Hin­ter euren Zäu­nen“ – erar­bei­tet und rea­li­siert mit leib­haf­ti­gen HSV-Fans. Ein Jahr lang hat man sich im HSV-Fan­pro­jekt an der Hols­ten­stra­ße getrof­fen, hat nach und nach einen Text gefer­tigt, den es in klei­ne Spiel­sze­nen zu gie­ßen galt. Nicht alle haben durch­ge­hal­ten. Immer wie­der muß­ten neue Büh­nen­wil­li­ge gefun­den wer­den. Doch nun ste­hen neun wah­re HSV-Fans auf der Büh­ne des Tha­lia in der Gauß­stra­ße und absol­vie­ren mit Bra­vour den Spa­gat zwi­schen Fan und Fan-Darsteller.

Ent­täuscht von der als eli­tär emp­fun­de­nen Ver­eins­füh­rung, miß­trau­isch beob­ach­tet von der Poli­zei, abge­straft von den Medi­en, die in ihnen meist nur rauf­lus­ti­ge Dumpf­ba­cken sehen, fie­bern sie den­noch der Krö­nung des Fan- Seins ent­ge­gen, dem Aus­wärts­spiel. Getrie­ben durch eine schlich­te Erkennt­nis: Wer nicht lei­det, kann nicht lieben.Die Dar­stel­ler ren­nen und rut­schen und pol­tern mit Ver­ve über die HSV-blau­en Ram­pen, aus denen allein das Büh­nen­bild besteht, so wie man klu­ger­wei­se mit einem Mini­mum an Requi­si­ten aus­kommt. Gewiß: Man­cher der nuschelt zuwei­len etwas, und nicht jeder Scherz zün­det punkt­ge­nau. Wie das so ist bei Pro­jek­ten mit Lai­en, die an allen mög­li­chen Orten anzu­tref­fen sind, nur nicht im Thea­ter. Die Spiel­freu­de der Dar­stel­ler in ihrer Unge­schlif­fen­heit und Selbst­iro­nie macht das locker wett, und dann sind da auch noch die Pro­fis  Ste­phan Schad und Jan Schüt­te als Gün­ter Net­zer und Franz Becken­bau­er, die ganz wun­der­bar den aal­glat­ten Weg vom unge­ho­bel­ten Spie­ler­star zum elo­quen­ten Anzug­trä­ger nach­zeich­nen. Auch Über­ra­schungs­gäs­te tre­ten auf, die für zusätz­li­che Ein­bli­cke in den gemei­nen HSV-All­tag sor­gen. Bei der umju­bel­ten Pre­miè­re war das der legen­dä­re Mas­seur Her­mann Rie­ger, der in brei­tes­tem Baye­risch von sei­ner unstill­ba­ren Lie­be zum Club und noch mehr zu die­ser Stadt berich­te­te. „Hin­ter euren Zäu­nen“ kon­zen­triert sich auf den Kern des Fan-Seins, auf die all­wö­chent­li­che Suche nach unbe­zahl­ba­rer Zuge­hö­rig­keit und nur sehr schwer zu erschüt­tern­der Treue; es ist kein fein­zi­se­lier­tes Stück für Ästhe­ten, die ver­grü­belt nach Hau­se gehen wol­len, son­dern ein Muß für Zeit­ge­nos­sen, deren Her­zen am  Sonn­abend nach­mit­tag schnel­ler schla­gen und die nicht müde wer­den, an einen Fuß­ball ohne Käse­häpp­chen in der VIP-Lounge zu glauben.
Und sei es im Theater.

FK (taz Ham­burg)

Fußball, das ist ihr Leben — auf der Theaterbühne

SUSANN OBERACKER (Ham­bur­ger MOPO)

Man­che schwin­gen Fähn­chen, wir kämp­fen mit Fäus­ten. 30 gegen 30. Für den Ver­ein, für uns — für Ham­burg!” Applaus. Es ist eine Grat­wan­de­rung, auf die sich das Tha­lia Thea­ter zum Sai­son­start begibt: In der Gauß­stra­ße wur­de “Hin­ter euren Zäu­nen” urauf­ge­führt, ein “doku­men­ta­ri­sches Spek­ta­kel mit HSV-Fans”. Mar­tin Krei­dt hat das Pro­jekt insze­niert — in einer Mischung aus Sozi­al­kun­de, Spaß und Gefühls­du­se­lei. Vor­ab: Die neun Akteu­re (acht Män­ner, eine Frau) — alle­samt HSV-Fans und blu­ti­ge Thea­ter­a­ma­teu­re — machen ihre Sache hin­rei­ßend. Im Rhyth­mus der Schlag­zeug-Beats von der Ham­bur­ger Fuß­ball-Punk­rock-Grup­pe “Abschlach!” stür­men sie über die blaue Ram­pe, erzäh­len von Aus­wärts­spie­len, Zusam­men­stö­ßen mit ande­ren Fans, grö­len Schlacht­ge­sän­ge. Fuß­ball ist ihr Leben. Und das brin­gen sie rüber — echt, unver­fälscht, mit einer Pri­se Selbst­iro­nie. So ist er, der Typus “Fan” — aber was gibt ihm den Kick? Die Tha­lia-Schau­spie­ler Ste­phan Schad und Jan Schüt­te füh­ren als komi­sche Num­mern Becken­bau­er und Net­zer durch den Abend, geben in der Pau­se eine Kost­pro­be: Im Foy­er machen sie die Agi­ta­to­ren, die “Capos”, peit­schen das Publi­kum zu Schlacht­ge­sän­gen — in einer Sekun­de von 0 auf 100. So hur­tig geht das: vom Ein­zel­we­sen zur Mas­se Mensch. Am Ende rutscht das “Spek­ta­kel” in den Kitsch. Ob gewalt­be­rei­ter Hoo­li­gan oder fried­li­cher Fan — alle lie­ben Ham­burg. Und eine war­me Wel­le der Kame­rad­schaft schwappt ins Publi­kum und spült alles weich.

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